Selbstzweifel Projekt 52 im Mai
Ganz ehrlich? Es kotzt mich an.
Ich sag was Wichtiges. Ich meine es ernst. Ich wähle meine Worte mit Bedacht, hab mir vielleicht sogar stundenlang den Kopf zerbrochen, wie ich das formuliere – und dann?
Kommt nix zurück.
Also schon – so ein müdes „Hm“ vielleicht. Oder ein genervter Blick. Oder das Thema wird elegant übersprungen, als hätt ich grad gefragt, ob jemand Bock auf Lebertran hat.
Und dann – HALLO, Klassiker des Jahrhunderts – kommt jemand anders.
Jemand, den alle mögen, der irgendwie das „richtige Auftreten“ hat. Der wieder mal mit seinem smoothen „Ich erklär das jetzt nochmal“-Vibe daherkommt.
Und was macht die Person?
Erzählt GENAU DAS, was ich schon gesagt hab.
Teilweise wortwörtlich.
Und plötzlich:
„Wow, ja, stimmt! Total nachvollziehbar!“
Und ich? Ich sitz da und denk mir:
Willst du mich eigentlich komplett verarschen?!
Ich hab das gerade gesagt. Ich!
Aber offenbar hat das bei mir einfach nicht gegolten.
Und da sind sie.
Die guten alten Selbstzweifel.
Die nicht einfach mal kurz auftauchen, „Hallo“ sagen und wieder gehen – nee. Die setzen sich hin. Machen’s sich gemütlich. Ziehen die Schuhe aus und kloppen dir ins Hirn:
„Tja, vielleicht bist du einfach nicht überzeugend genug.“
Ich frag mich dann:
Bin ich zu leise?
Zu kompliziert?
Zu verkrampft?
Wirkt das, was ich sag, irgendwie... falsch? Oder falsch aus meinem Mund?
Oder liegt’s einfach daran, dass ich nicht so rüberkomme wie andere?
Vielleicht denken die Leute bei mir: „Ach, der schon wieder. Der redet doch immer irgendwas.“
Oder sie nehmen mich einfach nicht ernst, weil ich nicht ins Bild passe. Weil ich nicht laut bin, nicht dominant, nicht der Typ „Ich laber dich jetzt so lang zu, bis du ja sagst“.
Und das frisst sich rein.
Weil das nicht einmal passiert. Sondern ständig.
Weil ich in diesen Momenten nicht nur das Gefühl hab, nicht verstanden zu werden – sondern manchmal sogar regelrecht ignoriert.
Und weißt du, was das mit mir macht?
Ich werd nervös, bevor ich überhaupt was sag.
Ich überleg dreimal, ob ich’s überhaupt ansprechen soll.
Ich denk an all die Male, wo ich wieder nur komisch angeschaut wurde oder irgendeine beschissene Antwort zurückkam à la „Jetzt übertreib halt nicht“ oder „Das kann man auch anders sehen“ – ja, danke, weiß ich selbst, braucht’s den Klugscheißmodus echt jedes Mal?
Und dann kommt der nächste Gedanke:
Vielleicht liegt’s an mir. Vielleicht hab ich keine Ahnung, wie man sich ausdrückt.
Vielleicht bin ich einfach… nicht wichtig genug.
Das tut weh.
Weil es mich innerlich blockiert.
Weil ich dann bei jedem Satz denke: „Komm, spar’s dir. Wird eh nix.“
Aber dann denk ich auch:
Halt, stopp. Vielleicht liegt’s auch einfach am Gegenüber.
Vielleicht wollen manche Menschen einfach nicht zuhören – egal wie sehr du dich abrackerst.
Vielleicht passt ihnen nicht, wer da spricht – nicht was gesagt wird.
Vielleicht sind sie einfach nicht in der Lage, mir zuzuhören, weil ich nicht in ihr Raster passe.
Weil ich nicht der bin, dem man automatisch Autorität zuschreibt.
Weil ich nicht laut genug bin, nicht gesund genug, nicht „typisch genug“, um für voll genommen zu werden.
Und weißt du was?
Das ist vielleicht sogar noch schlimmer.
Weil’s bedeutet, dass ich machen kann, was ich will – und trotzdem immer der bin, der nochmal jemanden braucht, der’s für ihn erklärt.
Selbstzweifel sind nicht einfach da. Die wachsen.
Sie wachsen aus jedem „Ach komm, das ist doch kein Thema“.
Aus jedem dummen Kommentar.
Aus jedem Moment, wo jemand anders deine Worte übernimmt – und auf einmal sind sie Gold wert.
Sie wachsen still.
Aber sie werden laut.
In deinem Kopf.
In deinem Bauch.
In deiner ganzen Haltung, wenn du mal wieder eigentlich was sagen wolltest, aber dann doch den Mund hältst.
Ich hab keinen perfekten Schluss für diesen Text.
Weil ich ehrlich gesagt nicht weiß, wie ich das lösen kann.
Ich sag nur: Ich kenn’s. Ich fühl’s. Und ich halt trotzdem nicht komplett die Klappe.
Weil es auch Menschen gibt, die mich verstehen.
Vielleicht nicht beim ersten Mal. Aber sie sind da.
Und vielleicht – ganz vielleicht – bist du grad einer davon.
Und du?
Kennst du das?
Dieses Gefühl, dass du unsichtbar bist, obwohl du alles richtig sagst?
Dass du dir Mühe gibst – und trotzdem fühlt’s sich an wie ein Schlag ins Gesicht, wenn jemand anders einfach das Gleiche sagt… und dafür gefeiert wird?
Schreib mir. Oder denk’s dir nur.
Aber wenn du dich in diesem Text ein bisschen wiederfindest, dann weißt du jetzt:
Du bist nicht allein mit dem Scheiß.
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