Die Last der Worte: Warum habe ich so viel erzählt?
Manchmal habe ich das Gefühl, dass Worte einfach aus mir herausfließen, ohne dass ich sie kontrollieren kann. Es passiert, und erst hinterher merke ich, wie viel ich gesagt habe – und dass ich dabei Dinge preisgegeben habe, die nicht für fremde Ohren bestimmt waren. Genau das ist heute in der Physiotherapie passiert. Ein Moment, der sich harmlos anfühlte, hat sich in etwas verwandelt, das mich jetzt tief beschäftigt. Es war fast so, als hätte ich die Physiotherapie mit einer Psychotherapie verwechselt. Und das macht die Sache für mich so unangenehm.
Wie alles begann
Es war ein ganz normaler Tag. Meine wöchentliche Physiotherapie stand an. Routine. Ich habe Spastik und eine Halbseitenlähmung, also sind diese Termine nötig, um meinen Körper einigermaßen in Form zu halten. Normalerweise läuft das immer gleich ab. Übungen, ein bisschen Smalltalk – und das war’s. Doch heute war das anders.
Hanna, meine Physiotherapeutin, fragte mich beiläufig: „Geht deine Mama über Weihnachten nach Hagenroth?“ Es war wirklich nur eine ganz normale Frage. So eine Frage, auf die man kurz und knapp antwortet. „Nein“ oder „Ja, vielleicht“, und dann ist das Thema durch. Aber das habe ich nicht gemacht. Stattdessen sagte ich: „Sie ist froh, dass sie nicht hin muss.“ Und plötzlich fing ich an zu reden. Es war, als ob ich einen Schalter umgelegt hätte. Die Worte kamen einfach, und ich konnte nicht mehr aufhören.
Ein Redefluss, den ich nicht stoppen konnte
Ich erzählte von meinem Bruder Max. Wie er in Schwierigkeiten steckt. Dass er spielsüchtig und drogenabhängig ist. Dass seine Partnerin Sofi ihn rausgeworfen hat, weil sie mit seiner Sucht nicht umgehen konnte – oder wollte. Ich sagte, dass Sofi in ihrer perfekten kleinen Welt keinen Platz für Max’ Chaos hatte. Dass sie ihn einfach fallen ließ, anstatt sich mit seinen Problemen auseinanderzusetzen.
Aber das war erst der Anfang. Ich erzählte, dass Max riesige Schulden hat. Dass diese Schulden so hoch sind, dass unsere Mutter Lisa – die selbst nur als Reinigungsfachkraft arbeitet und nicht viel hat – einen Teil davon bezahlt hat. Nicht freiwillig, sondern weil Sofi und ihre Familie sie massiv unter Druck gesetzt haben. Und dabei muss man wissen: Sofi und ihre Familie haben Geld ohne Ende. Sie leben in einer Welt, in der finanzielle Probleme und Existenzängste keine Rolle spielen. Für sie ist Geld nicht das Thema. Aber trotzdem war es ihnen offenbar wichtig, dass Lisa, die ohnehin kaum über die Runden kommt, für Max’ Fehler aufkommt.
Dann erzählte ich noch, dass Sofi und Max zwei Kinder haben. Und obwohl sie ihn rausgeworfen hat, bleibt diese Verantwortung bestehen – für beide. Und obwohl ich schon da merkte, dass ich zu weit ging, konnte ich einfach nicht aufhören.
Das Grasrauchen – ein Moment, der alles noch schlimmer machte
Und dann rutschte es mir auch noch raus: „Der Freund von Lena raucht Gras.“ Einfach so. Völlig ohne Zusammenhang. Warum habe ich das gesagt? Keine Ahnung. Es war einfach raus, bevor ich darüber nachdenken konnte. Es hatte nichts mit dem Gespräch zu tun, es war nicht relevant, und es ging niemanden etwas an. Aber in dem Moment war ich so im Redefluss, dass ich nicht mehr klar darüber nachdenken konnte, was ich sagte. Jetzt, im Nachhinein, frage ich mich, warum ich überhaupt auf das Thema gekommen bin. Es war unnötig und falsch.
Warum habe ich das getan?
Ich denke seit Stunden darüber nach, warum ich in diesem Moment so viel erzählt habe. Warum ich Dinge gesagt habe, die niemanden etwas angehen – und schon gar nicht meine Physiotherapeutin. Vielleicht, weil die Physiotherapie ein Ort ist, an dem ich mich sicher fühle. Ein Raum, in dem ich normalerweise nicht viel nachdenken muss. Vielleicht hat sich der innere Druck entladen, den ich seit Wochen mit mir herumtrage. Die Probleme in meiner Familie sind immer da. Auch wenn ich selbst nicht direkt betroffen bin, spüre ich das Gewicht davon. Vielleicht war das heute einfach zu viel.
Aber das rechtfertigt es nicht. Es war der falsche Ort, die falsche Person, und die falsche Art, damit umzugehen. Ich weiß das, und trotzdem habe ich es getan. Und das belastet mich jetzt.
Die Verbindung, die mich noch nervöser macht
Was die Sache für mich besonders schwierig macht, ist die Verbindung zwischen Hanna und der Schwiegermutter meiner Schwester Lena. Beide sind Physiotherapeutinnen und kennen sich. Und auch wenn ich darauf vertraue, dass Hanna professionell ist, bleibt die Angst, dass das, was ich gesagt habe, irgendwie weitergetragen wird. Ich habe in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht, was das betrifft. Beim Pflegedienst wurde über mich und meine Familie geredet, obwohl es eigentlich niemanden etwas anging. Solche Erfahrungen machen es schwer, Vertrauen aufzubauen.
Was mich am meisten beschäftigt
Es ist nicht nur das, was ich erzählt habe, sondern auch das Gefühl, meine Familie verraten zu haben. Die Geschichten, die ich heute erzählt habe, gehören nicht mir. Sie gehören Max, Sofi, meiner Mutter, meiner Schwester Lena. Ich hatte kein Recht, diese Geschichten weiterzugeben – schon gar nicht in einem Gespräch, das nichts mit diesen Themen zu tun hatte.
Ich habe über meine Mutter Lisa gesprochen, die trotz allem für Max da ist, obwohl sie selbst kaum über die Runden kommt. Ich habe über Max gesprochen, der mit seinen Dämonen kämpft. Ich habe über Sofi gesprochen, die Max aus ihrer Welt gedrängt hat, weil er nicht mehr hineinpasste. Und dann habe ich noch Lenas Partner erwähnt, der Gras raucht, obwohl das für niemanden wichtig ist. Ich hätte all das für mich behalten sollen.
Was ich jetzt tun möchte
Ich weiß, dass ich das Gesagte nicht rückgängig machen kann. Aber ich kann Verantwortung übernehmen. Ich habe beschlossen, mit Hanna zu reden. Beim nächsten Termin werde ich ihr erklären, dass ich Dinge erzählt habe, die ich bereue. Ich werde sie bitten, das Gesagte vertraulich zu behandeln. Es wird ein unangenehmes Gespräch, aber ich glaube, es ist notwendig.
Gleichzeitig möchte ich aus dieser Erfahrung lernen. Ich möchte mir bewusst machen, dass Worte mächtig sind. Und dass ich sie mit Bedacht wählen muss – für mich und für andere.
Eine Lektion über Worte
Heute habe ich gelernt, dass Worte nicht nur entlasten, sondern auch eine Last schaffen können. Ich habe gelernt, dass ich achtsamer mit den Geschichten anderer umgehen muss. Und ich habe gelernt, dass ich mir selbst verzeihen muss, wenn ich einen Fehler mache.
Ich möchte wachsen. Und ich hoffe, dass diese Erfahrung mir hilft, beim nächsten Mal stärker zu sein.
Was denkst du?
Kennst du solche Momente? Hast du auch schon einmal etwas gesagt, das du später bereut hast? Schreib mir gerne auf meinem Blog. Vielleicht können wir uns gegenseitig helfen, mit solchen Situationen umzugehen.
Kommentare
Ich kenne das nur zu gut. Im ersten Moment sagt man etwas und im nächsten Moment bereut man es. Das kann man leider nicht rückgängig machen, aber man kann daraus lernen.
Aber ich glaube, das passiert jedem mal. Wichtig ist, wie gesagt, dass man daraus lernt und es beim nächsten Mal besser macht.
Ja, sprich mit Hanna. Ich glaube, sie wird auf deine Bitte eingehen, oder wenn sie wirklich professionell arbeitet, wird sie das hoffentlich tun.
Liebe Grüße, Anja
Kommentar veröffentlichen
💬 Teilt eure Gedanken! 💬Vielen Dank, dass ihr hier seid und einen Blick in mein persönliches Tagebuch werft! 📖✨ In diesem Blog halte ich meine Gedanken, Erlebnisse und Gedanken fest, und es freut mich sehr, dass ihr Teil dieser Reise seid. 😊💕Eure Kommentare sind für mich mehr als nur Feedback – sie sind der Austausch, der diesen Blog lebendig macht. 🌟 Habt ihr ähnliche Erfahrungen gemacht oder eine eigene Sichtweise zu den Themen, die ich anspreche? Lasst es mich wissen! Teilt eure Fragen, Gedanken oder einfach nur einen kurzen Gruß – ich freue mich auf alles, was ihr zu sagen habt. 💭💬Gemeinsam können wir diesen Blog zu einem Ort der offenen Gespräche und inspirierenden Gedanken machen. 🙌 Eure Unterstützung motiviert mich, weiterzuschreiben und neue Einblicke mit euch zu teilen. ✍️Also, was beschäftigt euch gerade? Ich bin gespannt, von euch zu hören! 😊 Danke, dass ihr Teil meiner Reise seid! 🙏✨