Wochenendbesuch mit Überraschungen: Ein Blick hinter die Kulissen

Das vergangene Wochenende war eines dieser Tage, die mich emotional aufwühlen, obwohl ich am Rande stehe. Meine Nichte Julia war zu Besuch, und wie jedes Mal stellte sie unser Leben auf den Kopf – zumindest das von Oma Lisa, die für sie die zentrale Bezugsperson ist. Ich, als Onkel, beobachte viel, nehme das Chaos wahr, aber ich habe immer die Möglichkeit, mich zurückzuziehen, während Lisa sich um Julia kümmert. Es ist eine merkwürdige Position, in der ich mich befinde. Einerseits bin ich involviert, andererseits bleibe ich in gewisser Weise außen vor. Diese Dualität der Rolle lässt mich oft reflektieren: Wie viel Nähe ist richtig, wie viel Distanz ist notwendig?

Kennt ihr dieses Gefühl? Ihr seid Teil des Ganzen, aber gleichzeitig nicht der Mittelpunkt. Ihr könnt euch zurückziehen, wenn es zu viel wird, aber das bedeutet nicht, dass ihr nicht tief mit den Geschehnissen verbunden seid. Manchmal ist diese Distanz befreiend, manchmal fühlt sie sich an wie ein Schutzschild, hinter dem man sich versteckt, um den emotionalen Sturm nicht ganz spüren zu müssen. Wie geht ihr mit solchen Momenten um, wenn ihr merkt, dass ihr zwar da seid, aber nicht vollständig? Ich frage mich oft, ob ich diese Freiheit nutzen sollte oder ob es ein Zeichen dafür ist, dass ich mich mehr einbringen sollte.

Ordnung vs. Chaos: Zwei Welten prallen aufeinander

Am Samstagvormittag brachte meine Schwester Lena Julia zu unserer Mutter Lisa. Ein Samstag, der viel zu früh und viel zu chaotisch begann. Lisa ist diejenige, die sich hauptsächlich um Julia kümmert. Sie übernimmt die Hauptlast und hat eine Art, das ganze Durcheinander mit einer Ruhe und Gelassenheit zu tragen, die ich oft bewundere. Ich hingegen bin derjenige, der sich, wenn das Chaos zu viel wird, zurückzieht und es von außen betrachtet.

Julia bringt mit ihrem Besuch nicht nur Energie, sondern auch eine Unordnung, die für sie selbstverständlich scheint. Spielzeug überall, Lachen, das durch das Haus schallt, während Lisa versucht, Ordnung in dieses bunte Chaos zu bringen. Für Julia ist all das nur ein weiterer Tag des Entdeckens, ein unbeschwerter Moment in ihrer Kindheit, aber für uns bedeutet es Stress. Vielleicht ist es mein Bedürfnis nach Kontrolle, das mich in solchen Momenten nervös macht. Oder es ist die Tatsache, dass ich als außenstehende Person empfindlicher auf Unordnung reagiere, weil ich nicht direkt in die Verantwortung eingebunden bin.

Wie ist das bei euch? Fühlt ihr euch auch gestresst, wenn um euch herum alles durcheinander ist, oder könnt ihr euch entspannen, auch wenn Chaos herrscht? Für mich ist es eine Gratwanderung zwischen dem Wunsch nach Ordnung und der Akzeptanz, dass nicht immer alles unter Kontrolle sein kann.

Übernachtungspläne und Zweifel

Es war geplant, dass Julia bei uns übernachtet, aber diese Entscheidung lag bei Lisa. Sie ist diejenige, die für Julia die Hauptverantwortung trägt. Ich hingegen konnte mich im Hintergrund halten, beobachten und meine Gedanken schweifen lassen. Ich wusste, dass Lisa in der Lage war, Julia zu beruhigen und ihr die nötige Sicherheit zu geben. Aber auch Julia selbst hatte Zweifel, ob sie es schaffen würde. Früher, als sie zwei Jahre alt war, war das Übernachten kein Problem. Doch jetzt, mit vier Jahren, scheint sie das Bedürfnis nach Sicherheit stärker zu spüren, als sie es früher getan hat.

Diese Entwicklung bei Julia weckt in mir Erinnerungen an meine eigene Kindheit. Ich war als Kind extrem unsicher und habe ständig die Nähe meiner Mutter gesucht. Aber jetzt, als Erwachsener und Onkel, bin ich in einer anderen Rolle. Ich sehe die Unsicherheiten in Julia, aber ich bin nicht mehr derjenige, der aktiv handelt. Es ist nicht meine Aufgabe, sie zu beruhigen, sondern Lisas. Sie ist die Person, die Julia Halt gibt, während ich in der Rolle des stillen Beobachters bleibe.

Ängste und Unsicherheiten: Ein Blick hinter Julias Fassade

Julia übernachtete schließlich doch bei uns, obwohl sie deutliche Unsicherheiten zeigte. Sie brachte eine Tasche mit, die für mich symbolisch wirkte – als würde sie sich darauf vorbereiten, jederzeit abzubrechen und zurück nach Hause zu gehen, falls es ihr zu viel würde. Immer wieder fragte sie, ob ihre Mama sie abholen würde, wenn sie es sich anders überlegt. Diese Unsicherheit war so spürbar, so greifbar. Es war fast, als ob ihre kindliche Angst sich in der Luft ausbreitete, und ich konnte sie nicht übersehen.

Auch ich kenne diese Angst. Sie ist nicht neu für mich, und vielleicht ist sie für niemanden wirklich fremd. Aber heute bin ich in einer anderen Rolle. Ich stehe an der Seitenlinie und beobachte, wie Lisa ihr die Sicherheit gibt, die sie braucht. Es ist nicht meine Aufgabe, Julia zu beruhigen, obwohl mich ihre Ängste berühren. Ich kann mich zurückziehen, weil es nicht meine Verantwortung ist, ihr Sicherheit zu geben. Aber das macht es nicht leichter, diese Ängste zu sehen und nichts dagegen tun zu können.

Kennt ihr das? Wenn ihr jemanden seht, der leidet, und ihr wisst, dass ihr nicht die Person seid, die helfen kann? Es ist eine merkwürdige Mischung aus Erleichterung und Schuld. Ihr seid froh, dass ihr euch nicht darum kümmern müsst, aber gleichzeitig schmerzt es, nicht mehr tun zu können.

Das Thema ADHS: Ein sensibles Thema, aber nicht mein Verantwortungsbereich

Ein Thema, das mich immer wieder beschäftigt, ist ADHS. Julias Vater hat ADHS, und ich sehe erste Anzeichen auch bei ihr. Aber das betrifft eher Lisa und Lena, nicht mich. Ich bekomme nur die Bruchstücke der Gespräche mit, die hinter verschlossenen Türen stattfinden. Manchmal bin ich froh, dass ich mich nicht einmischen muss, dass ich mich nicht in die Diskussionen verwickeln lasse. Doch manchmal bleibt dieses Gefühl des Ausgeschlossenseins, das schmerzt.

Lisa glaubt, dass ich Dinge weitertratschen würde, wenn ich mehr darüber wüsste. Diese Vermutung schafft eine Distanz zwischen uns, die manchmal schwer zu ertragen ist. Aber gleichzeitig weiß ich, dass es vielleicht besser ist, dass ich mich nicht zu sehr hineinziehen lasse. Es ist nicht meine Verantwortung, und meine Rolle als Onkel gibt mir die Freiheit, mich herauszuhalten. Doch die Tatsache, dass hinter meinem Rücken Dinge besprochen werden, die auch mich betreffen, lässt mich oft nachdenken. Was, wenn ich mehr eingebunden wäre? Wäre es dann besser oder schwieriger für mich?

Die ständige Last des Misstrauens

Trotz meiner Freiheit, mich zurückzuziehen, spüre ich das Misstrauen, das in der Luft liegt. Lisa und Lena besprechen alles Wichtige über Julia hinter verschlossenen Türen, und ich bekomme nur das mit, was sie mir sagen wollen. Es ist schwer, sich in solchen Momenten nicht ausgeschlossen zu fühlen, aber gleichzeitig empfinde ich Erleichterung, dass ich nicht die volle Verantwortung tragen muss. Vielleicht ist das meine Rolle als Onkel – involviert sein, aber nicht zu tief. Eine Balance zu finden zwischen Dasein und Distanz, zwischen emotionalem Engagement und Rückzug.

Kennt ihr das? Wenn ihr spürt, dass ihr nicht das volle Vertrauen genießt, aber auch froh seid, nicht zu sehr involviert zu sein? Es ist ein ständiges Auf und Ab zwischen Erleichterung und dem Wunsch, näher dran zu sein.

Rückblick auf das Wochenende

Als das Wochenende vorbei war und Julia nach Hause ging, fühlte ich eine Mischung aus Erleichterung und Melancholie. Es war ein Wochenende voller Emotionen, voller kleiner Momente, die mich zum Nachdenken gebracht haben. Ich konnte mich zurückziehen, wann immer es mir zu viel wurde, und gleichzeitig war ich da, wenn ich gebraucht wurde. Diese Freiheit ist ein Privileg in meiner Rolle als Onkel. Es hat mich berührt, wie sehr Julia sich auf ihre Oma Lisa verlassen konnte, und ich bin dankbar, dass Lisa diese Verantwortung trägt. Doch trotz dieser Erleichterung bleibt die Frage: Sollte ich mehr tun? Ist es in Ordnung, mich zurückzuhalten, oder wäre es besser, mich stärker einzubringen?

Kommentare

Sabine hat gesagt…
eine ehemalige Kollegin hat mich gekonnt aus der Kollegenclique ausgegrenzt. Obwohl ich damals dachte, gut dazu zu gehören, aber bei privaten Treffen war ich nicht dabei. Bei einem Junggesellinnen Abschied erzählten mir alle anschließend, wie lustig es war. Mich hat niemand informiert oder gar gefragt, ob ich auch mitkomme.
Das versetzt einem erstmal einen Stich. Die besagte Kollegin war oberflächlich nett und freundlich und stößt einem doch unbemerkt das Messer in den Rücken.
Andererseits war ich ganz froh, dass ich nicht mit musste. Hätte mir nicht gefallen.
Aber ich wäre gern gefragt worden.
juliasallroundblog hat gesagt…
An manchen Stellen konnte ich mich selber ein wenig erkennen. Auch ich bin manchmal froh, wenn ich mich etwas zurückziehen kann, wenn meine Neffen zu Besuch sind. Denn dann ist immer etwas Chaos (und als sie noch jünger waren, noch viel mehr). Aber das ist bei Kindern nun einmal so, dass es da lauter ist und da und dort Spielzeug herumliegt. Vielleicht solltest Du Deine Mutter und Deine Schwester einmal darauf ansprechen, dass Du etwas mehr involviert werden willst?

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